Buch Nr. 16/2009

Veröffentlicht auf von Tigerle

Mathias Nolte: Roula Rouge

Kurzbeschreibung:
Warum ausgerechnet Berlin?, fragt sich Ich-Erzähler Jonathan Schotter, 48 Jahre alt, im ersten Satz dieses Romans. Die Antwort folgt wenige Zeilen später: "Weil in Berlin Verlierer weniger auffallen als an irgendeinem anderen Ort der westlichen Hemisphäre." Schotter stand bis vor Kurzem auf der Sonnenseite des Lebens. Er war erfolgreich in einer Münchner Werbeagentur, hatte eine wunderschöne Frau, verkehrte in den richtigen Kreisen. Dann wurde er durch einen jüngeren Kollegen ersetzt, seine Frau verließ ihn für einen dichtenden Argentinier - und Schotter flüchtete in die Stadt der Verlierer. Hier verbringt er seine Tage damit, lustlos umherzustreifen. Bis er in der S-Bahn das Laptop einer jungen Frau namens Roula Rouge findet, die ihn so fasziniert, dass er sich auf die Suche nach ihr macht. Der Boulevardjournalist Mathias Nolte gibt sich alle Mühe, eine hippe und jugendliche Liebesgeschichte zu erzählen. Doch er scheitert an seinen unglaubwürdigen Figuren. Warum sich der versnobbte Jonathan inmitten einer fetten Midlifecrisis in die punkige Roula verliebt, mag noch einigermaßen nachvollziehbar sein. Warum die 24-Jährige allerdings ebenfalls Gefallen an ihrem Verehrer findet, bleibt ein Rätsel. Was Nolte allenfalls gelingt, ist ein ehrlicher Blick aufs Leben in der Großstadt und die Anonymität ihrer Bewohner. Nicht schlecht - aber eben nicht genug für einen Roman, der eigentlich noch mehr sein will.

Meine Meinung:
Jonathan Schotter, fast fünfzig, frisch geschieden und arbeitslos und versucht einen Neuanfang in Berlin. In der U-Bahn begegnet er durch Zufall der Mittzwanzigerin und Ostdeutschen Frisöse Roula Rouge. Sie lässt ihr MacBook liegen und er nimmt es aus Neugier mit und liest sich in ihre Welt ein. Anstatt das MacBook zurückzugeben, spielt Jonathan den Stalker und fängt an, Roula nachzustellen, er ändert sogar seinen Lebensstil, um bei ihr Eindruck zu schinden. Irgendwann wird warum auch immer aus den beiden ein Paar, Jonathan erfährt immer mehr über Roulas Lebensgeheimnis und auch Roula kommt Jonathan immer mehr auf die Spur.
Eine moderne Ost-West-Begegnung, genauer ein (in meinen Augen) versnobbter Wessi und eine Punkgöre. Er stellt ihr fast stalkerhaft nach und fühlt sich schon beim ersten Blick in ihr Privatleben (MacBook) als wäre er ein Teil dessen. Da kriegt man schon ein wenig Gänsehaut, denn psychisch scheint er sich da in was reinzusteigern.
Der Schreibstil ist flüssig und es baut sich immer mehr Spannung auf, die aber meiner Meinung nach ein wenig ungenügend gelöst wurde. Ich bin es zwar gewöhnt, dass am Ende eines Buches einige Fragen offen bleiben, aber hier sind es für meinen Geschmack zu viele.


Veröffentlicht in Lesen

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